Siegel bei Fisch – Was steckt dahinter?
Januar 31, 2023
Ganz klar, viele lieben Fisch. Auch Muscheln, Schalentiere und sogar Algen sind beliebt. Viele Arten sind reich an Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen und Mineralien. Lebensmittel aus unseren Seen, Meeren und Flüssen haben auch großes Potential, unsere wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Doch sind die Produkte, die du kaufst, auch verantwortungsvoll gezüchtet? Auf den Verpackungen gibt es viele verschiedene Siegel. Hier ist es wichtig, auf ein qualitativ hochwertiges, unabhängiges Zertifizierungsprogramm zu achten und zu wissen, was sich hinter dem Siegel verbirgt. Nicht alle gezüchteten Fische sind gleich, und das gilt auch für die Zertifizierungen. Was landet also am besten auf dem Teller?
Wir freuen uns, mit Hilfe der Expertinnen Kathrin Steinberg und Sophie Ryan Antworten geben zu können. Kathrin Steinberg arbeitet beim Aquaculture Stewardship Council (ASC) in der Abteilung für Standards and Science, wo sie das Forschungsteam leitet. Sophie Ryan ist Geschäftsführerin der Global Salmon Initiative (GSI). Beide verbindet, dass sie bei Fisch und Meeresfrüchten Wert auf Qualität und Integrität legen.
Was ist Aquakultur?
Unter Aquakultur verstehen wir die Zucht von Fisch und Meeresfrüchten. Also Landwirtschaft mit Fischen, Schalentieren und Algen. Die Aquakultur ist der weltweit am schnellsten wachsende Sektor der Nahrungsmittelproduktion. Sie spielt bereits jetzt eine entscheidende Rolle bei der Ernährung unseres Planeten angesichts des Bevölkerungswachstums. Zwischen den 1960er-Jahren und 2020 stieg der Pro-Kopf-Verbrauch an aquatischen Lebensmitteln von durchschnittlich 9,0 kg auf 20,2 kg. Heute werden über 50 Prozent der Meeresprodukte, die weltweit gegessen werden, in Aquakultur erzeugt.
Was bedeutet verantwortungsvolle Aquakultur?
Wie bei jeder Form der landwirtschaftlichen Erzeugung – von Hühnern über Rinder bis hin zu Mais – müssen viele Überlegungen angestellt werden, wenn wir sie ökologisch und sozial verantwortungsvoll gestalten wollen: Der Schutz der Umwelt und der umliegenden Lebensräume, die Ernährung und das Wohlergehen der Tiere, den Einsatz von Chemikalien, die Auswirkungen auf die umliegenden Gemeinden und vieles mehr müssen beachtet werden. Die ASC-Zertifizierung gewährleistet, dass in den Fischzuchten und entlang der gesamten Lieferkette strenge Standards eingehalten werden.
„Standards wie jener des ASC konzentrieren sich auf ökologische und soziale Fragen, um sicherzustellen, dass das derzeitige Wachstum nachhaltig ist“, sagt Kathrin Steinberg von ASC. „Es ist unsere Aufgabe, die Industrie dabei zu unterstützen, ihre entscheidende Rolle bei der Ernährung der Bevölkerung zu spielen und gleichzeitig den Planeten und seine Menschen zu respektieren. Wir wollen auch dazu beitragen, die Auswirkungen der Industrie auf den Klimawandel zu minimieren und den Lebensraum der Fische zu schützen.”
Was ist der Unterschied zwischen wilden und gezüchteten Fischen? Ist eines von beiden besser?
Wild gefangene Fische stammen aus natürlichen Lebensräumen, d.h. aus Seen, Ozeanen, Flüssen, und verzehren in der Regel die in dieser Umgebung vorkommende Nahrung. In der Aquakultur können gezüchtete Meeresfrüchte auch in Seen, Meeren, Flüssen und sogar an Land aufgezogen werden. Wie bei allen Zuchttieren geschieht ihre Versorgung kontrolliert.
Ein wichtiger Faktor hierbei ist das Futter, das die Fische bekommen. Futter variiert je nach Art, Standort und anderen Faktoren, besteht jedoch aus einer speziellen, von Expertinnen zusammengestellten Futtermischung, die in bestimmten, für ein optimales Wachstum und eine optimale Ernährung erforderlichen Mengen verabreicht wird.
„In der Regel besteht Lachsfutter aus pflanzlichen Bestandteilen, Fischbestandteilen (einschließlich Fischmehl, Fischöl und Fischprotein) sowie Vitaminen, Mineralien, Aminosäuren und Astaxanthin, einem Antioxidans. Dieses Antioxidans unterstützt die Gesundheit des Immunsystems der Fische und verleiht dem Lachs seine typische Färbung. Außerdem entspricht diese Ernährung der des Wildlachses, der alles frisst“, erklärt Sophie Ryan von GSI. „Eine der größten Entwicklungen in der Zusammensetzung der Futtermittel für den Lachs ist der Übergang von der ausschließlichen Verwendung von Zutaten auf Fischbasis zur Verwendung von pflanzlichen Zutaten wie Algen- oder Rapsöl. Dies ist eine positive – und dringend benötigte – Entwicklung, denn sie bedeutet, dass wir die Nutzung von Wildfischbeständen ergänzen und den Verbrauch natürlicher Ressourcen durch Zuchtlachsfutter senken können, während gleichzeitig die Gesundheit, das Wohlergehen und der Nährwert von Zuchtlachs gefördert werden.” Der neue ASC-Futtermittelstandard gewährleistet, dass 100 Prozent der für die Fütterung von gezüchteten Meerestieren verwendeten Zutaten aus nachhaltiger Produktion stammen.
Es gibt zwar große Unterschiede zwischen ihren Lebensräumen, aber Tatsache ist, dass sowohl wild lebende als auch gezüchtete Meerestiere bei verantwortungsvoller und nachhaltiger Bewirtschaftung hochwertige Produkte liefern können. Da 33 Prozent der Bestände wild lebender Fische aufgrund von Überfischung bereits ihre biologische Grenze erreicht haben, müssen diese Methoden nebeneinander bestehen, um die weltweite Nachfrage zu decken. Anstatt sich zwischen Wild- und Zuchtfisch zu entscheiden, ist es besser, sich für zertifizierten Fisch mit vertrauenswürdigem Siegel zu entscheiden. Beispielsweise das grüne ASC-Siegel für Zuchtfisch und das blaue MSC-Siegel für wild gefangenen Fisch. Ein Gleichgewicht zwischen zwei guten Optionen bedeutet mehr Abwechslung auf dem Teller und mehr Möglichkeiten für einen verantwortungsvollen Einkauf.
Was bedeutet das türkise ASC-Siegel?
Höhere Qualität, größere Transparenz, sicherere Produkte und letztlich die Gewissheit, dass unser Essen einen positiven Einfluss auf die Menschen und unseren Planeten hat. „Ich freue mich immer, wenn ich das ASC-Siegel in einem Geschäft sehe, denn es symbolisiert, dass eine verantwortungsvolle Aquakultur eine wichtige Rolle bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und sozialen Vorteilen für uns alle spielen kann, während gleichzeitig die negativen Auswirkungen auf die Umwelt minimiert werden“, sagt Steinberg.
„Verantwortungsvoll gezüchteter Lachs ist eine sichere und gesunde Wahl“, fügt Ryan hinzu. „Zuchtlachs wird von der Food & Drug Administration der Vereinigten Staaten (FDA) als „beste Wahl“ unter den Meeresprodukten empfohlen, weil er wenig Quecksilber enthält, aber viele gesundheitliche Vorteile bietet. Außerdem enthält Zuchtlachs genauso viel oder mehr Omega-3-Fettsäuren als Wildfänge. Wenn Sie beim Einkauf auf das ASC-Siegel achten, können Sie sicher sein, dass Sie all diese Vorteile von Fisch aus verantwortungsvoller Aufzucht erhalten.”
Was kannst du bewirken?
Achte in Geschäften und Restaurants auf das grüne ASC-Siegel. Koche wenn möglich mit ASC- oder MSC-zertifizierten Meeresprodukten. Es gibt köstliche Rezepte für alles, von Lachs und Garnelen bis hin zu Tilapia und Pangasius.