Zum Internationalen Frauentag – Wie ist es, als Frau in der Aquakultur-Branche zu arbeiten?
März 8, 2022
Am 8. März ist der Internationale Frauentag – die perfekte Gelegenheit, um zwei ASC-Mitarbeiterinnen nach ihren Erfahrungen zu fragen.
Renée Hamel arbeitet beim ASC als Technical & Operations Support Manager. Nachhaltige Fischerei ist für sie schon lange eine Herzensangelegenheit: „Ich wuchs im ländlichen Neufundland in der Zeit nach dem Moratorium für die Kabeljaufischerei im Jahr 1992 auf. Ich habe die verheerenden Auswirkungen erlebt, die der Verlust von Wildfischbeständen auf eine Gemeinschaft haben kann und deshalb habe ich schon von klein auf Liebe und Respekt für das Meer empfunden. Später habe ich einen Bachelor of Science in Biologie (Meereskunde) absolviert und kam dabei zum ersten Mal mit der Aquakultur in Berührung – und der Rest ist Geschichte!“
Kathrin Steinburg leitet das Forschungsteam in der Abteilung Standards & Science des ASCs. Auch sie ist seit langem von allem, was mit dem Meer zu tun hat, fasziniert: „Als Kind wollte ich ‚Delfinbiologie‘ studieren und war von der Unterwasserwelt fasziniert – was natürlich auch heute noch so ist. Für mich war also sofort klar, was ich studieren wollte, als ich auf einen Studiengang zu ‚Meerestechnik‘ stieß. Davor hatte ich noch nie etwas von Aquakultur gehört. Auch wenn es nur einen kleinen Teil des Lehrplans ausmachte, hat mich das Thema gefesselt. Es gibt noch immer so viele Dinge, die wir nicht über die Aquakultur wissen, und Dinge, die wir in der ‚realen Welt‘ noch verbessern können – mir wird also sicherlich niemals langweilig werden.“
Ein dynamisches Arbeitsumfeld
Obwohl Aquakultur schon seit Jahrhunderten praktiziert wird, hat sie sich erst in den letzten Jahrzehnten zu einem globalen Wirtschaftszweig entwickelt. Ein dynamisches und spannendes Arbeitsumfeld also. Kathrin meint dazu: „Es gibt so viel offenen Austausch und Ehrlichkeit. Ich habe sehr erfolgreiche Gespräche mit vielen unterschiedlichen Menschen geführt. Zum Beispiel mit Tilapiazüchterinnen und -züchtern in Kenia, Garnelenzüchterinnen und -züchtern in Bangladesch und Züchterinnen und -züchtern in Europa, die mit geschlossenen Kreislaufanlagen (RAS) arbeiten. Sie waren alle stolz darauf, was sie erreicht haben und bereit, ihr Wissen weiterzugeben, aber gleichzeitig auch offen für Anregungen und Austausch.“
Auch auf die Begeisterung, die in der Branche herrscht, ist Renée stolz: „Ich liebe die kontinuierliche Kreativität und den Einfallsreichtum. Als ich mit der Arbeit anfing, warfen wir das Futter von Hand und beobachteten die Reaktion der Fische an der Oberfläche. Als ich die landwirtschaftliche Seite der Branche dann verließ, wurde die Fütterung mittels Unterwasserkameras und Gamecontrollern ferngesteuert. Fischzüchterinnen und Fischzüchter sind die anpassungsfähigsten Menschen, die ich je getroffen habe.“
Außerdem ist die Industrie sehr global und vielfältig. Kathrin betont: „Die Branche ist vielfältig, nicht nur in Bezug auf die Methoden und Arten, sondern auch auf die Menschen. Es gibt Leute, die wie ich Aquakultur studiert haben, andere wiederum haben sich alles selbst beigebracht, mit ganz unterschiedlichen Hintergründen.“
Es gibt noch mehr zu tun
Aber natürlich gibt es, wie in vielen anderen Branchen auch, noch mehr zu tun, um sicherzustellen, dass die Aquakultur die Gesellschaft angemessen widerspiegelt. Kathrin führt weiter aus: „Wenn ich mir die Sitzungen oder Podiumsdiskussionen so anschaue, sind leider immer noch hauptsächlich Männer anwesend – aber ich habe das Gefühl, dass sich auch das langsam ändert.“
Wie könnten wir diesen Wandel beschleunigen? „Flexibilität am Arbeitsplatz“, meint Renée. „Da Frauen häufig die Hauptbetreuungsperson für Kinder sind, können sie sich möglicherweise nicht an einen festen Zeitplan halten. Mit flexiblen Arbeitszeiten und -tagen, um berufstätigen Müttern entgegenzukommen, könnten wir potenziell mehr Frauen für die Branche gewinnen.“ Auch der ASC arbeitet daran, diesen Wandel voranzutreiben, wie Renée betont: „Als Arbeitgeber bietet der ASC diese Flexibilität in Bezug auf Arbeitsort und Arbeitszeiten an. Meiner Meinung nach führte das zu einem hohen Anteil an berufstätigen Müttern im Vergleich zu anderen Arbeitsumfeldern.“
Wie sieht es in der Industrie insgesamt aus? „Unser Team für Sozialstandards, das von Frauen geleitet wird, hat hart an der Entwicklung der neuen sozialen Elemente des künftigen einheitlichen ASC-Zuchtstandards gearbeitet“, sagt Renée. „Diese aktualisierten Anforderungen werden sich mit geschlechtsspezifischer Diskriminierung und Chancengleichheit befassen, im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.“
“Macht es einfach!”
Bei der Frage nach Ratschlägen für junge Frauen, die über eine Karriere in der Aquakultur nachdenken, sind sich Kathrin und Renée einig: „Macht es einfach!“
Kathrin fügt hinzu: „Es gibt so viele Optionen und Karrieremöglichkeiten in dieser Branche und ich sicher bin, dass alle ihre Leidenschaft finden können. Außerdem gibt es viele verschiedene Mentoring-Programme und Netzwerke, wie z. B. die European Aquaculture Society, bei denen es sich lohnt, mitzumachen.“
Sowohl Kathrin als auch Renée teilen gerne ihre Erfahrungen darüber, was für Erfolg nötig ist. Für Kathrin sind es „Ausdauer, Geduld und Leidenschaft. Schließlich arbeiten wir nicht nur mit Tieren, sondern auch mit der Lebensgrundlage von Menschen; die Dinge brauchen also Zeit.“ Ähnlich ist auch der Rat von Renée: „Beharrlichkeit.“ Sie erklärt: „Bei meinem ersten Job in der Fischzucht war ich die einzige Frau und dazu noch recht jung. Aber ich war entschlossen. Entschlossen zu lernen, mit der Ausrüstung genauso gut umzugehen wie die Männer. Entschlossen alle Zweifel daran zu zerstreuen, dass ich überhaupt hier sein sollte.“
Das ist nur eine kleine Momentaufnahmen der enorm vielfältigen Erfahrungen von Frauen, die beim ASC arbeiten. Ganz zu schweigen von den inspirierenden Frauen in der Industrie als Ganzes.
Der ASC hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vielfalt in der Aquakulturbranche noch mehr zu fördern. Alle ASC-Standards schließen soziale Anforderungen ein, die eine faire Behandlung aller Beschäftigten und das Verbot jeglicher Form von Diskriminierung beinhalten.
Die Aquakultur kann eine wirtschaftliche Chance für Frauen sein, insbesondere in Ländern des Globalen Südens. Aber nur durch Zusammenarbeit kann eine wirklich repräsentative und gleichberechtigte Branche entstehen. Deshalb wird sich der ASC weiter dafür einsetzen, dass mehr Frauen in die Fußstapfen von Kathrin und Renée treten können.